"Alles konsequent auf den Kunden ausrichten"

20. Dezember 2021

Anthony Bandmann ist zurück bei Volkswagen Financial Services in Braunschweig. Seit dem 1. Oktober 2021 verantwortet der 49-jährige im Vorstand des größten automobilen Finanzdienstleisters Europas die Bereiche Vertrieb und Marketing. Vor seiner knapp zweieinhalbjährigen Tätigkeit als President und CEO der Volkswagen Credit Inc. (VCI) in Herndon (USA) war Bandmann Geschäftsführer der Volkswagen Leasing GmbH. Im Interview berichtet Bandmann unter anderem, was er in seiner neuen Rolle als CSO der Volkswagen Financial Services AG vorhat und warum man auf einem Sofa nicht Probe sitzen muss, bevor man es kauft. 

Herr Bandmann, willkommen zurück in Braunschweig, so „richtig“ weg sind Sie ja eigentlich gar nicht gewesen. Was war das für ein Gefühl, nach zwei Jahren in den USA wieder hier zu sein?

Bandmann: Es ist grundsätzlich nichts Ungewöhnliches – auch nicht in anderen größeren Unternehmen – dass Manager eine Zeit lang Verantwortung im Ausland übernehmen. Ich wurde mit einer großen Herzlichkeit und Wiedersehensfreude empfangen, die mir den Start in Braunschweig viel leichter gemacht hat. Braunschweig ist für meine Familie und mich über die letzten zehn Jahre zu unserer Heimat geworden, insofern ist es mir tatsächlich leichtgefallen. Was aber nicht heißen soll, dass ich die Zeit in Herndon – trotz der Schwierigkeiten durch die COVID19-Pandemie – missen möchte. Das war eine tolle und interessante Zeit.

 

Als neuer Vertriebschef haben Sie sicherlich einige große Themen Ihrer auf der Agenda. Welche sind das?

Bandmann:  Über allem steht das Thema Wachstum bzw. die Frage wie wir in Zeiten sich ändernder     Kundenanforderungen und zunehmender Digitalisierung nachhaltig wachsen können. Ein großer Teil der Antwort auf diese Frage lautet: Konsequente Kundenzentriertheit und unser neues europäisches Betriebsmodell. 

 

Kundenzentriertheit? Hört sich kompliziert an. Was steckt dahinter, Herr Bandmann?

Bandmann: Kompliziert ist es nicht, da unsere Kunden schon immer im Fokus standen. Wir müssen das Unternehmen jedoch noch stärker vom Kunden ausgehend steuern, um den Kundenanforderungen im dynamischen Marktumfeld weiterhin gerecht zu werden. Unsere Strategie, unser Handeln und unsere Projekte – alles muss konsequent auf den Kunden ausgerichtet sein bzw. aus der Kundensicht beurteilt werden. Das ist ein Stück weit auch eine Philosophiefrage. Und warum müssen wir das tun? Weil sich das Kundenverhalten verändert und der Wettbewerb zugenommen hat. Denken Sie z.B. an Auto1 oder TESLA. Der Wettbewerb ist aggressiv, innovativ, digital und – das wird oft vergessen – mit einem zum Teil sehr guten Zugang zum Kapitalmarkt. Will sagen: Die anderen sind keine kleinen Startups, sie werden größer und sie haben viel Geld für Investitionen. Diese Entwicklung dürfen wir auf keinen Fall unterschätzen.

Okay, das ist der aktuelle Wettbewerb, aber inwiefern hat sich das Kundenverhalten verändert?

Bandmann: Wir alle sind es inzwischen gewohnt, Konsumgüter des täglichen Bedarfs online zu ordern. Textilien, Gebrauchsgegenstände, Dienstleistungen sowie Reisen. Wir stellen fest, dass unsere Kunden zunehmend bereit sind, auch ein verhältnismäßig teures Objekt wie ein Auto im Internet zu bestellen und entsprechend die Finanzierung oder den Leasingvertrag abzuschließen. Meine Frau und ich haben nach unserer Rückkehr nach Braunschweig ein neues Sofa online gekauft. Obwohl ich nicht Probe sitzen konnte, hat es meine Erwartungen voll und ganz erfüllt. Der Kauf dauerte wenige Minuten bzw. erforderte nur ein paar Klicks – alles war komfortabel, sicher und schnell. Exakt dieses Kaufverhalten wird zukünftig stark zunehmen. Vor fünf Jahren wäre dies kaum vorstellbar gewesen, heute – letztlich auch beschleunigt durch Covid – ist es fast normal. Auf diese Entwicklung müssen wir reagieren.

Interessant, Sie glauben also nicht mehr an den klassischen Autohausbesuch?

Bandmann: Doch natürlich. Wir wollen jedoch für alle Kunden ein komfortables und sicheres Kauferlebnis bieten. Sowohl für die digitalen Kunden als auch für diejenigen, die den klassischen Vertriebsweg über ein Autohaus, inklusive Probefahrt erwarten. Und ganz wichtig: Auch für alle Zwischenformen, denn es wird zahlreiche hybride Kunden geben, also solche, die zwischen den einzelnen Vertriebskanälen wechseln.  

 

Okay, und wie hängt die europäische Neuaufstellung von Volkswagen Financial Services damit zusammen?

Bandmann: Nun, wir wollen uns in Europa neu organisieren. Das heißt: Wir transformieren unsere derzeit länderbezogene Ausrichtung – die ja historisch gewachsen ist - in eine Steuerung nach kundenbezogenen Vertriebskanälen. Wir haben diesen Prozess in ähnlicher Form bereits in Nordamerika erfolgreich vollzogen.  Die drei Vertriebskanäle bedienen den Handel, das digitale Direktgeschäft und die Flottenkunden. Diese Kanal-Aufstellung ist für mich die Voraussetzung für die angesprochene Kundenzentriertheit. 

 

Aber Vertriebskanäle sind ja keine Kundenkanäle…

Bandmann: Rein von der Begrifflichkeit stimmt das vielleicht, aber wenn man genau hinschaut, dann stellt man zum Beispiel fest, dass der Flottenkunde andere Bedürfnisse hat als der digitale Kunde oder der Endkunde. Und genau diese Kundenbedürfnisse adressieren wir in diesen neuen Vertriebskanälen. Dazu haben wir auf zentraler Ebene drei Kanalverantwortliche benannt, die zusammen mit je einem Marktverantwortlichen, und einem länderübergreifenden Team, die jeweilige Kundengruppe vollumfänglich bedienen.  

Können Sie uns ein konkretes Beispiel geben?

Bandmann: Gerne, stellen Sie sich mal einen großen europaweit, ja sogar weltweit, operierenden Kunden vor. Dieser Kunde sollte seine Flotte nicht Markt für Markt und Land für Land bei uns managen lassen. Einhergehend mit viel zu vielen unterschiedlichen Ansprechpartnern. Dieser Kunde profitiert davon, wenn wir ihm unsere Dienstleistungen aus einer Hand, aus einem Organisationsstrang und vor allem länderübergreifend anbieten. 

Das klingt nachvollziehbar. Sie haben eingangs gesagt, dass das Wachstum im Mittelpunkt steht. Nun ist Wachstum ja kein Selbstzweck…

Bandmann: Richtig. Wir wachsen nicht um des Wachstums Willen, sondern weil wir auch noch in zehn Jahren ein wirtschaftlich gesundes und erfolgreiches Unternehmen sein wollen. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben in der Vergangenheit Herausragendes geleistet. Mit der genannten Neuaufstellung können wir in den einzelnen Vertriebskanälen noch reichlich Potentiale heben. Während wir im Flottenbereich in Deutschland schon gut aufgestellt sind, haben wir in Europa noch Luft nach oben. In der Säule „Digital & Direkt“ sind wir am Anfang der Reise, dort können wir, trotz aller getätigten Investitionen, sicherlich am stärksten wachsen. Beim Handel hat unser Haus in den vergangenen Jahren bereits vieles richtiggemacht und ist sehr gut aufgestellt. 

Zeit für ein Schlusswort, oder?


Bandmann: Klar. Der geschilderte Umbau ist vertriebsseitig essentiell und ein wichtiger Schlüssel zur Verbesserung unserer Wettbewerbsposition sowie zur Steigerung unserer Profitabilität. Wir sind schon richtig gut, aber wir müssen noch besser werden, denn die Konkurrenz schläft nicht. Mit unserer Mannschaft im Rücken sind wir auf dem besten Weg Benchmark in der Branche zu sein!

Danke für´s Gespräch!


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