„Unseren Händlerpartnern gebührt viel Respekt!“

18. Januar 2021

Der Handel ist nach wie vor der wichtigste Vertriebskanal für Volkswagen Financial Services, Absatzförderer der Marken des Volkswagen Konzerns und weltweit größter automobiler Finanzdienstleister. Im Gespräch mit der Unternehmenskommunikation nimmt Jens Legenbauer, Sprecher der Geschäftsführung der Volkswagen Leasing GmbH, Stellung zum digitalen Ökosystem, zur Corona-Unterstützung für den Handel und warum der ID.3 überwiegend geleast werden wird.  

Herr Legenbauer, Ihr erstes Jahr an der Spitze des Volkswagen Leasing war stark durch die COVID19-Pandemie geprägt. Wollen Sie trotzdem ein Fazit ziehen?

Legenbauer: Gern. In wenigen Worten könnte man sagen: Trotz Corona fällt es positiv aus, denn das Kundenbedürfnis nach „Nutzen statt Besitzen“ ist gefragter denn je, und das gilt auch für die Elektromobilität. Unser Geschäftsmodell ist exakt darauf angepasst. So befindet sich unsere digitale Offensive mit der Online-Gebrauchtwagenplattform heycar, den digitalen Antragsstrecken, der Erneuerung der Vertragsmanagementsysteme und der digitalen Prozesse im Autohaus in der realen Umsetzung. Natürlich hätte ich mir rückblickend gewünscht, dass manches etwas schneller gegangen wäre, aber wir bauen ja schließlich nichts auf der „grünen Wiese“, sondern integrieren neue Komponenten in eine bestehende Landschaft. Das heißt, wir bauen mit den Marken des Volkswagen Konzerns und dem Handel ein digitales Ökosystem für den Kunden. Das ist schon eine richtig große Nummer. Auch vor diesem Hintergrund und nicht nur wegen der Schwierigkeiten, die Corona mit sich gebracht hat, möchte ich mich beim Handel und den Marken für die vertrauensvolle Zusammenarbeit in den vergangenen Monaten bedanken.

 

Wie haben Sie Ihre Händler in der Corona-Krise bislang unterstützt und wie sieht Ihr weiteres Krisenmanagement aus?

Legenbauer: Zunächst einmal gebührt unseren Händlerpartnern viel Respekt, schließlich waren alle Autohäuser im Frühjahr für mehrere Wochen geschlossen, auch im zweiten Lockdown wurde das öffentliche Leben und damit auch der Konsum eingeschränkt. Insbesondere die Situation im Frühjahr 2020 hat den Handel natürlich vor riesige Herausforderungen gestellt – vor allem bei der Liquidität. Deshalb haben wir mit den Kollegen der Volkswagen Bank auch schnell reagiert und schon sehr früh diverse liquiditätssichernde Maßnahmen entwickelt. Dazu gehörten zum Beispiel schnelle und unbürokratische Überbrückungsfinanzierungen, verlängerte Zahlungsziele, befristete Krediterhöhungen, aber auch stabile Zinskonditionen. Durch Befragungen wissen wir, dass wir damit genau richtiggelegen haben. Insbesondere unsere Informationspolitik wurde als sehr gut bewertet – sowohl beim Umfang als auch bei der Schnelligkeit der zur Verfügung gestellten Informationen. 

Um darüber hinaus das Geschäft wieder anzukurbeln und die Menschen dazu zu bewegen wieder ins Autohaus zu gehen, haben wir in einer kurzfristigen Aktion gemeinsam mit den Marken des Konzerns ein tolles Absatzprogramm aufgelegt. Neben wirklich sehr günstigen Konditionen für Leasing- und Finanzierungsverträge haben wir in diesem Paket den Ratenschutz bei Arbeitslosigkeit eingebaut, eine aus unserer Sicht für Arbeitnehmer sehr wirksame Absicherung, um im Bedarfsfall länger mobil bleiben zu können. Auch hier war das Feedback, das wir von den Händlern zu diesem Paket erhalten haben, äußerst positiv. Und auch beim Thema der zeitlich befristeten MwSt.-Senkung, die sich sehr unterschiedlich auf unsere Produkte ausgewirkt hat, haben wir es gemeinsam mit dem Handel unter erheblichem Zeitdruck geschafft, eine für alle Seiten tragfähige Lösung zu entwickeln und umzusetzen.

Die Neuzulassungszahlen aus den vergangenen Monaten zeigen unterschiedliche Tendenzen, geben aber im Grundsatz eher Anlass zur Hoffnung, dass sich der Markt nach und nach erholt. Glauben Sie, dass gerade jetzt die Bereitschaft der Kunden wächst, lieber ein Auto zu nutzen, als zu besitzen?

Legenbauer:
Ganz klar „ja“. Sehen Sie, niemand weiß wie lange und intensiv diese Pandemie mit allen wirtschaftlichen Effekten noch andauert. Die Zeiten sind von Unsicherheit geprägt, keine Frage. Aber was liegt dann näher als sich ein Fahrzeug zu den eben angesprochenen sehr vorteilhaften Konditionen für einen relativ kurzen Zeitraum zu leasen oder zu mieten, um somit viel flexibler zu bleiben? Um diesem Bedürfnis unserer Kunden noch stärker Rechnung zu tragen, haben wir auch ein eigenes Abo-Modell entwickelt, welches im Markt viel Beachtung gefunden hat. Ich bin überzeugt, dass finanzielle Flexibilität in der persönlichen Mobilität noch nie so gefragt war wie zurzeit.

Themenwechsel: Warum steckt Ihrer Ansicht nach gerade im Leasing so viel Potenzial für den Vertrieb von E-Fahrzeugen?

Legenbauer: Nun, ich habe es bereits auf der IAA 2019 gesagt, dass unser erklärtes Ziel lautet, 80 Prozent aller Elektrofahrzeuge des Konzerns in unseren Büchern zu haben. Das ist ein sehr ambitioniertes Ziel, dessen sind wir uns bewusst, aber das Ziel ist durchaus realistisch. Wir glauben, dass viele Kunden bei aller Neugierde auf Elektrofahrzeuge, zunächst einmal sehr flexibel bei der Anschaffung sein wollen. Faktoren wie der Restwert am Vertragsende und die damit einhergehenden Wiedervermarktungschancen sind für Privatkunden zugegebenermaßen schwer einzuschätzen, schließlich ist das ein ganz neuer Fahrzeugtyp, der auf den Markt drängt. Durch Leasing mit seinen vielen Flexibilisierungsmöglichkeiten übernehmen wir für den Kunden die Verantwortung und geben ihm damit ein hohes Vertrauen in die neue Technologie. Leasing ist damit aus unserer Sicht der Schlüssel zur Elektromobilität.

 

Von welchen langfristigen Effekten könnte der Handel aus den Leasing- und Paketangeboten profitieren?

Legenbauer:
Ich sehe zwei ganz entscheidende Vorteile für den Handel: Erstens sind finanzierte bzw. geleaste Fahrzeuge höherwertig ausgestattet, schließlich macht sich eine Zusatzausstattung als Bestandteil einer monatlichen Rate preisoptisch nicht so stark bemerkbar wie im absoluten Preis. Da fällt dem Kunden die Wahl von Extra-Features einfach leichter. Und der Händler verkauft somit einfach „mehr“ Auto. Zweitens profitieren die Händler von einer sehr viel stärkeren Kundenbindung, denn die meisten Leasing- und Finanzierungsverträge laufen über durchschnittlich drei Jahre und wer das als Händler weiß, hat im Rahmen eines funktionierenden Customer-Relationship-Managements in dieser Zeit mehrere Anknüpfungspunkte zur individuellen Kundenansprache. Denken Sie zum Beispiel an die in vielen Paketen inkludierten Wartungs- und Inspektions-Dienstleistungen. Das sind aus meiner Sicht nicht nur wertvolle und zusätzliche Vertriebsgelegenheiten, sondern konkrete Ertragspotentiale im Werkstattgeschäft. Bei einem Barkauf kommt es häufig vor, dass der Kunde hinterher für den Händler unerreichbar ist, wenn er zum Beispiel seine Inspektion bei einer „Feld-Wald-und Wiesen-Werkstatt“ durchführen lässt. Sehr viele Händler haben die Vorteile von Finanzdienstleistungen erkannt und nutzen diese im eigenen Geschäftsmodell. Und noch etwas hören wir immer wieder aus dem Handel: Der Rabattdruck ist bei Leasing- und Finanzierungsverträgen einfach geringer. 

 

Dennoch „knirscht“ es zuweilen zwischen Ihnen und dem Handel bzw. dem VW/Audi-Händlerverband. Die Kritik wird insbesondere über einige Medien vom Verbandsvorsitzenden Weddigen von Knapp vorgebracht.

Legenbauer: Ja, ich weiß. Man geht zum Teil hart mit uns ins Gericht und wirft uns mangelnde Gesprächsbereitschaft und fehlendes Kooperationsverhalten vor. Zu Unrecht wie ich finde, denn wer so viele Maßnahmen für den Handel umsetzt wie wir, der ist ein verlässlicher Partner, in guten wie in schlechten Zeiten. Neben den bereits erwähnten diversen Liquiditätssicherungsmaßnahmen haben wir außerdem noch vieles andere für und mit dem Handel getan: Beispielsweise Leasingraten gestundet, auf die Berechnung von Verzugszinsen beim Fahrzeugrückgabeprozess verzichtet oder auch die Forderungsbestände für den Auf- und Abstieg in Vergütungsmodellen einmalig für 2020 auf 2019 zurückgesetzt. Ich könnte noch weitere Maßnahmen aufzählen. Aber natürlich gibt es auch Punkte, bei denen sich die Geschäftsführung der VW Leasing mit der Händlerschaft noch in einem Diskurs befindet: Beispielsweise bei den Stundenverrechnungssätzen. Hier ist es nun mal kartellrechtlich nicht erlaubt, übergreifende Vereinbarungen auf Händlerebene zu treffen. In der Folge sind einzelne Vereinbarungen auf Händlerebene eben notwendig. Oder beim Thema Direktvermarktung von Gebrauchtwagen haben wir noch unterschiedliche Auffassungen. Dennoch: es bleibt dabei: Wir sind der Partner des Handels. Das war und ist unser Credo.

Wie weit sind Sie mit der Realisierung eines plattformbasierten digitalen Ökosystems mit intelligenten Produktpaketen?

Legenbauer:
Wir sind auf einem guten Weg. Unser Chief Digital Officer, Stefan Imme, dreht unser gesamtes Produkt- und Serviceportfolio in Richtung Digitalisierung. So haben wir bereits diverse Antragsstrecken digitalisiert und zum Beispiel zusammen mit Verimi vor kurzem den Prozess der digitalen Signatur im Autohaus beim Autokauf eingeführt. Das ist eine erhebliche Erleichterung sowohl für den Kunden als auch für den Verkäufer.

Welchen Ansatz verfolgen Sie bei der Digitalisierung, gibt es eine Art Grundidee, die dahintersteht?

Legenbauer:
Grundsätzlich wollen wir dem Handel stets aufs Neue zusätzliche Kundenpotentiale zuführen und ergänzende Verdienstchancen eröffnen. Und dies durch die Entwicklung und Bereitstellung schnellerer und digitalerer Prozesse rund um unsere Finanzdienstleistungen. Als Digital-Captive befinden wir uns auf dem direkten Weg in den Omnikanalvertrieb, wo wir zwischen Marken-Ökosystemen, Kundenplattformen und den Integrationen in Händler-Webseiten Vorteile für unsere Kunden, die Marken und den Handel generieren – online und offline!

 

Okay, Herr Legenbauer, das hört sich nach spannenden, aber auch herausfordernden Zeiten an, die auf Sie und Ihr Team zukommen. Was würden Sie sich denn für die Zukunft wünschen?

Legenbauer: Ach, das ist eigentlich einfach. Vieles läuft schon recht gut, aber es wäre wünschenswert, wenn wir sowohl bei den vielen Projekten als auch im konkreten operativen Geschäft hinsichtlich Systemen und Rückstandssituationen wieder mehr Stabilität und damit Planbarkeit erreichen könnten. Und dann würde ich mich natürlich freuen, wenn wir es schaffen, Corona hinter uns zu lassen. Der Umgang mit der Pandemie bzw. die Bewältigung der Krise ist maßgeblich dafür, ob wir irgendwann wieder in den Normalmodus zurückkehren können.

Herr Legenbauer, danke für das Gespräch.


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